die besichtigung ist ein künstlerischer versuch über die stadt und ihre menschen · wir haben das wunder angefangen ein forschungsprojekt zum wiederaufbau der griechischen gesellschaft nach dem großen krieg · wir konzentrieren uns auf ein gesamtbild, das uns alle mit reinpasst · sehen sie mehr dazu hier
Die Besichtigung entstand während der Krise fast reflexartig. Nach 10 Jahren und vielen Abenteuern wird sie neu gestaltet. Sie begann von Mund zu Mund sich rum zu sprechen. Das Projekt begann als ein Wanderessay über Athen. Es wurde als eine öffentliche Studie über Städte im Allgemeinen innerhalb und außerhalb Griechenlands fortgesetzt, weil die Stadt der Ort unseres gemeinsamen Lebens ist.
Am Anfang lag der Schwerpunkt auf physischer Präsenz. Jetzt müssen wir mit Menschen sprechen, die nicht zu uns kommen können. Die Spaziergänge in der Zukunft werden entsprechend der Interessenbekundung geplant. Von jetzt an senden wir Geschichten, Texte, Wörter und Töne über das Internet. Mit Audio- oder anderen Radioaufführungen, die auf eine Reihe von Podcasts abzielen. Videos, Veröffentlichungen und mehr werden künftig folgen.
enweder sie oder garnichts
Wir brauchen Ihre Hilfe. In all den Jahren haben wir das Projekt mit minimaler Unterstützung und Sturheit am Leben gehalten. Wir könnten noch viel mehr tun, wenn wir Hilfe bekommen würden.
Hauptsache ist, der ständigen katastrophalen und ungerechten Herabwürdigung der griechischen Gesellschaft zu widerstehen. Auch Europa scheint auseinanderzufallen. Wir müssen unsere Geschichten wiedererzählen, um die Komplexität unserer Welt hervorzuheben, ohne das Publikum zu unterschätzen. Und denken Sie daran, dass eine der größten Freuden, das Verständnis ist. Das ist unser Ziel. Wenn es möglich ist, unterstützen Sie uns finanziel durch eine spende. Der geringste Beitrag würde viel bedeuteten.
Nehmen Sie das Projekt auf jeden Fall auf Ihre eigene Weise auf. Sie können es gern verbreiten. Schreiben Sie uns Ihre Meinung an info@thereceptionathens.eu
der weg bisher
Die Besichtigung begann spontan im Jahr 2010. Sie entstand durch spontane Spaziergänge mit ausländischen Besuchern, Journalisten, Forschern, Wissenschaftlern, Künstlern oder einfach nur Freunden, die sich mit den Entwicklungen in Griechenland vertraut machen wollten.
Ein Kaffeeklatsch während des Spaziergangs reichte nicht. Wir mussten aus der Eile herauskommen, wir mussten Zeit finden. Vor allem mussten wir auf irgendeiner Weise die Grenzen und die Automatismen der Sprache testen, weil sie uns ständig zu denselben Schlüssen führten. Der Raum, den wir erkunden wollten, brauchte Erfahrung; er sollte uns bewusst werden. Dieses Bewusstsein, das die Sprache dazu drängt andere Wege zu gehen, nur weil es existiert, wird auch als Dichtung bezeichnet. Ich möchte daher jetzt schon mal sagen, dass wir auf die Straße mit Leidenschaft für die Dichtung gingen, auch wenn die Besichtigung nicht unbedingt von Poesie überflutet ist.
Als die Besichtung dann wieder mit Griechen und Athenern stattfand, wurde sie zu einer Reaktion auf die Traurigkeit und auf eine allgegenwärtige Geringschätzung aller moderner Griechischer Dinge. Eine tiefsinnige Verachtung, die, -das müssen wir unterstreichen- an Souveränität mangelt. Die Besichtigung war eine Einladung zu einem kompromisslosen Trost. Denn dies ist was wir von Athen lernen insbesondere, und aus der Geschichte im Allegmein.
Es wäre ebenso gerecht zu sagen, dass es sich um eine Vorführung einer Rescherche handelt, die in der Jugend begann und eigentlich nie aufhörte. Im Nachhinein lässt sich dennoch das damalige Gefühl in wenigen Punkten zusammenfassen.
Erstens, verbargen die Dinge, die vorbehaltlos über die Stadt gesagt wurden, grobe oder sogar ideologische Einschätzungen der gesamten griechischen Geschichte und Gesellschaft.
Zweitens, führt das Gespräch über Griechenland im einzelnen, ohne die europäische Geschichte des Kontexts in Bezug zu nehmen (die letztendlich eine Weltgeschichte ist) zu Missverständnissen. Und hier möchten wir betonen , dass Missverständnisse zu sozialer Ungerechtigkeit führen; sie werden von denen verewigt, die letztendlich von den Missverständnissen profitieren; mit anderen Worten werden sie reproduziert, weil sie die Interessen des Stärksten, des stärksten Staates, der stärksten sozialen Gruppe und des stärksten Individuums legitimieren.
Drittens, gab es große Verwirrung in dem Diskurs rund um der so genannten”kulturellen” Kritik. Der Begriff Kultur ist so fließend und dynamisch, dass er selbst den Unmut erklärt, sich damit zu beschäftigen. Das Kulturfeld setzt sich mit der verdächtigen und ewig rätselhaften, aber absolut notwendigen Komponente unserer Welt, -die als Bedeutung bezeichnet wird- auseinander. Sie ist notwendig, denn je mehr die “unproduktive” Diskussion über die Bedeutung abwesend ist oder verschwächt, desto verletzlicher und unsicherer wird die Gesellschaft; sie verliert ihre moralische Stärke.
Im öffentlichen Diskurs also, auch wenn es bekannte und unbekannte Ausnahmen gab, war das allgemeine Motiv, ziemlich simplifiziert. Entweder waren wir ausschließlich mit den politischen und den wirtschaftlichen Argumenten zufrieden, jedes Mal wenn wir über ganze Epochen-Gesellschaften-Kulturen sprachen, oder haben wir angeblich andere kulturelle Beispiele (z. B. das antike Griechenland oder “Byzanz”) aufgegriffen und verehrt. Das lustige daran ist, dass wir, als wir kritisch gegenüber der Moderne standen und eine andere kulturelle Stimme verteidigten, kein ernsthafter Versuch unternommen wurde, sie wirklich anders zu betrachten. Wir haben sie tatsächlich so gesehen, wie unsere eurozentrische Tradition sie darstellt, wir gleichten dem, was wir angeblich untersuchen.
In anderen Worten, wenn Gesamtwertungen vorgenommen wurden, wurden diese automatisch von einer modernen eurozentrischen Tradition geerbt, die letztendlich nur sich selbst erkennt. Die Schwierigkeit für den Anderen zu existieren, hindert unsere Zeit daran, ihre Bedingungen und ihre Grundlagen zu untersuchen, ihre Probleme zu verstehen und zu lösen. Sie kann sich selbst nicht aus der Ferne sehen, als eine Kultur unter anderen Kulturen. Dieser letzte Punkt erscheint entscheidend, weil die Globalisierungstendenz sich weiter verbreitet und es kommt so vor, als ob dass keine “anderen” Kulturen mehr existieren (z. B. erscheint China heute nicht wie ein Vertreter einer chinesischen Kultur).
Wir gingen also ins Stadtzentrum Athens mit dem Ziel, die “Denkmäler” zu erkunden; d.h. fast alles, was wir vor uns fanden. Besonders beschäftigten wir uns mit den Entwicklungen, aus denen im 19. Jahrhundert der griechische Staat entstand, dessen die griechische Revolution im Mittelpunkt stand. Wir drehten uns ständig um das 5. Jahrhundert v.C. ohne es in Tiefe zu berühren. Es ergab sich so eine Gelegenheit, andere Epochen zu beobachten, die wir normalerweise ignoriert hätten; die Römische, die sogenannte Byzantinische und die Osmanische. Sehr bald entstand ein Spaziergang, der sich ständig änderte und weiterentwickelte. {Dann schien es, dass die wichtigen Stellen, die wir ausgesucht hatten, jedes Mal ein Merkmal aufwiesen, an dem sich zwei verschiedene Sachen berührten oder näherten. Übergänge oder Verbindungen, Lücken oder Kontraste im Raum oder auch in der Zeit. Wie z.B. wenn zwei unterschiedliche Gebäude nebeneinander liegen und ihre Gegenüberstellung etwas neues aufdeckt oder wieder, wenn dasselbe Gebäude seine Verwendung in zwei verschiedenen Zeiträumen ändert.}
Durch diese Erfahrungen entstand ein “Text”. Elemente aus früheren Studien oder Begegnungen, Vorträgen und Diskussionen wurden wieder hervorgehoben, und all dies nahm allmählich zu, manchmal sprunghaft. All die früheren Materialien mussten erneut überprüft und die Quellen wiederentdeckt werden. Auf dieser Weise entstand noch eine Besichtigung, der bisher persönlichen Route zu Literaturverzeichnissen und öffentlichen Bibliotheken. Manche Feststellungen wurden bestätigt, und andere wurden widerlegt. Diese Studie war und bleibt besonders umfangreich. Offensichtlich schöpft die Besichtigung keine Wahrheit. Sie erhofft sich nur, ein Gefühl, eine Frage oder eine Beziehung zu Raum und Zeit entstehen zu lassen. Und um das zu tun, muss sie mutig Stellung nehmen; sie muss kämpfen, um ehrlich zu sein.
Jetzt, sechs Jahre später, wird die Besichtigung dem Publikum vorgestellt. Es ist keine einfache Sache. Ist es möglich, dass sie weiterhin ein leises Flüstern wargenommen wird, während man sie laut ausspricht? (Wir versuchen die Wärme des Gefühls des Teilens beizubehalten. )
Die erste Runde hat auch einen Probecharakter. Wir haben uns für jeweils acht Gäste per Besichtigung entschieden und hoffen, dass es funktioniert; dass jeder sich persönlich angesprochen fühlt. Gleichzeitig wünschen wir uns dass es möglich ist, dass jeder, der sich in der Gruppe verlieren möchte, das tut und die Einseimkeit, die jeder Reisende braucht, zu finden. In der ersten Runde wird das Ticket ebenfalls so günstig wie möglich sein, nämlich acht Euro.
Ich hoffe, dass die kleine Gruppe, die sich langsam bildet, Bestand hat und weitermachen kann. Es könnte dann weniger oder mehr Besucher in Zukunft geben. Das Ticket müsste auch angepasst werden, damit es zur Tilgung und Selbst-finanzierung kommt. Auf diese Weise wird unser kleines Team nicht entmutigt oder erschöpft sein. Das ist aber noch nicht alles. Ein weiteres Problem, das in all den Jahren in den aufeinanderfolgenden Versuchen aufgetreten ist, ist, dass ohne ein Ticket die Beziehung nicht gleichgestellt ist; es entsteht keine gegenseitige Verpflichtung. Dann wird die ohnehin schon mühsehlige Anstrengung zu einer echten Qual. Wir wollen vor allem Menschen, die nicht das Projekt bloß konsumieren, sondern es verewigen.
Jedes Mal ist anders. Die kleine Gruppe die jedesmal gebildet wird, bestimmt, wie ausführlich die Dinge erklärt werden. Die Stadt um uns herum ist laut, sie macht es nicht einfach, sie leistet Widerstand. Wenn sich nicht alle darum kümmern, wird das Schiff erschüttert. Auf der bisherigen Reise wollen die Menschen oft reden, diskutieren, sich ausdrücken. Das Gegenteil wäre beunruhigend. Schließlich wird das Projekt am Ende kumulativ abgeschlossen. Es sind nicht die Informationen, das Individuum, sondern das Gesamtgefühl, was wir anstreben. Daher sollten die Teilnehmer die Konzentration und Ruhe der anderen Teilnehmer viel mehr in Acht nehmen als in einem Kino oder Theater. Es ist nicht möglich, ein Gespräch mit jemandem zu führen, ohne den allgemeinen Gang zu verlieren und auf die Stimmung der anderen zu hören. Das Ziel des Spaziergangs geht somit verloren. Alles was angesprochen wird ist ein interner Monolog. (Der interne Monolog ist ein seltsamer Zustand, bei dem der Geist dieselben Wege wiederholen und wieder an ihren Ursprüngen landen muss.)
Eine letzte Sache, die dieses und alle Projekte mit ähnlicheρ Thematik bestimmt. Wir haben verschiedene Wortbegriffe wie Barbarei, Ost, West, Acme, Niedergang, Mittelalter oder sogar das antike Griechenland, Byzanz, osmanische Herrschaft, Juden, Griechen usw. akzeptiert. Worte die notwendig sind, um ein Gespräch zu führen. Es kommt oft vor, dass diese Wörter Bewertungen darstellen; sie benennen nicht nur etwas, sie bestimmen auf allgemeine, irreführende und hinterlistige Weise, ob etwas gut oder schlecht ist. Die Besichtigung will den Kategorien nicht nachgeben, sondern die Vielfalt der Dinge anerkennen. (Sie wünscht Verständnis, sie nimmt die Kenntnisse des Anderen als Identifikation mit dem Anderen wahr. Mit anderen Worten, um Informationen in Wissen umzuwandeln, ist ein wohlgesinntes Verantwortungsgefühl erforderlich, das es ermöglicht, zu etwas zu gelangen, das bisher unbekannt und fremd war. Diese Bewegung gelingt nicht ohne Sympathie. Leider glauben wir, dass Sympathie oder Verständnis mit guten Gefühlen zu tun haben, während sie Manifestationen des erworbenen Wissens und der Bedingungen dessen sind, was erworben werden wird.)
wer wir sind
Alexandros Mistriotis
Er wurde in Kanada geboren, wuchs in Athen auf und studierte Kunst in Frankreich.
Aus der Literatur und der Malerei wurde Alexandros Mistriotis zu unterschiedlichen Kunstsprachen wie Fotografie, Film und den “neuen Medien” geführt. Im Bereich der darstellenden Künste erstellt er Filme, die Teil von Aufführungen sind oder beschäftigt sich mit Dramaturgie. Er präsentiert eigene oder fremde Texte im Rahmen seiner Forschung für ein “Theater der Stille”, ein oft informelles Theater, in dem die Unterscheidung zwischen Theater, Poesie und Reflexion überprüft wird. In den letzten Jahren reiste er zu internationalen Festivals und Treffen die sich z.B mit der Beziehung zwischen Kunst und Gesellschaft oder Technologie und Kultur beschäftigen.
Katerina Angelou
Sie wurde in Athen geboren und studierte internationale und europäische Beziehungen. Katerina spezialisierte sich in London auf Geschäftsstrategie und Umweltpolitik. Ihre Hauptbeschäftigung in den letzten 8 Jahren ist das Kulturmanagement.
Sie ist seit September 2016 parallel zu anderen institutionellen und nicht-institutionellen Aktivitäten Mitarbeiterin am Projekt der Besichtigung. Aus der ersten Phase der “Besichtigung”, in dem das Kommunikationsmanagement eines künstlerischen Projekts erforderlich war, hat sich ihre Rolle weiterentwickelt; Sie koordiniert die Verknüpfung der Kulturpolitik mit der Schaffung eines nachhaltigen Modells der lokalen Kulturproduktion.
Unser Dank geht an: Helle Solvang, Christiana Symeonidou, Lisa Maria Bauer, Maryvonne Riedelsheimer, Almut Wedekind, Matthew Booth, Kelly Diapouli, George Prinos, Matt Grubb, Jody Rogac, Euripides Laskaridis, Filippos Kanakaris, Elpida Nan Orfanas, Elpida Ana Orfanas – Mai Corbel, Guillaime Allardi, Armelle Dousset, Jenny Argyriou, Penelope Liaskou, Betina Panagiotara, Mariela Nestora, Iason Athanasiadis, Preethi Nallu, Dionysis Skliris, Alexandros Konstantinopoulos, Delanger M, Borzeri M. Maria Ahlroth, Oskar Pöysti, Radoslav Piovarci, Alar Tasur, Toomas Ojaso, Eva Ganneau, Anna Fascendini, Giulietta Debernardi, Martin Amundsen, Nicke von Weißenberg, Henk Keiser, Matilda von Weißenberg, Myrto Charalambous, Jordi Pascual, Luca Bergamo, Marc Villarubias, Angeliki Lampiri, Lucrezia Ponzano, Julia Perheim, Nikos Anastasopoulos, Marcel, Laurence, Margot, Solal und Elie Hartmann, George Salameh, Jerome Montagne